Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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"Die Kinder sind zusammengerückt"

Schwaigernvon Angela Groß, HSt

Schule, normal - mit vielen anderen Kindern gemeinsam unter einem Dach - fühlt sich anders an. Doch die Stettener Grundschule funktioniert im Moment nicht so. Nach dem Brand wurden alle Schüler auf Ausweichquartiere verteilt.

Andererseits: Gemeinsam in einem Boot zu sitzen und „das Beste aus dieser Situation zu machen“, wie es Schulleiterin Irene Schnabel umschreibt, schweißt Schüler und Lehrer enger zusammen. Bis nach den Osterferien wird es noch dauern, bis das Schulhaus saniert ist und alle zurückkehren können.

„Sie sind jetzt mehr eine Klassengemeinschaft geworden“, hat Irene Schnabel bei den Viertklässlern festgestellt. Nach den Sommerferien ist sie mit den Kindern in die Schwaigerner Leintal-Realschule, in den Hauptschultrakt, umgesiedelt.

Experiment

Dort sind die 28 Mädchen und Buben die einzigen Grundschüler weit und breit - und müssen sich auf dem Pausenhof oder auf dem Weg zu ihrem Klassenzimmer schon mal behaupten. „Alle Kinder sind enger zusammengerückt“, das gilt auch für die Situation im Evangelischen Gemeindehaus, dort sind die Kleinsten der Grundschule untergebracht, und es gilt das Motto „Wir sind die Einser“.

Gleichzeitig geht in der Kelter Feile ein Experiment über die Bühne, mit dem die beiden Lehrerinnen Nicole Broßler und Martina Herkert bereits längere Zeit zumindest in einer abgespeckten Variante geliebäugelt hatten. Schon im alten Schulhaus hatten die beiden im Unterricht zusammengearbeitet. Jetzt aber bot sich mit dem Ausweichquartier in der Alten Kelter Feile am Ortsrand von Stetten eine einmalige Chance: die beiden Drittklässlerklassen gemeinsam in einem Raum zu unterrichten.

„Wir gehen gemeinsam raus und probieren es“, erzählt Nicole Broßler von der ersten Besichtigung der Räume in der Alten Kelter. Ihre Bilanz nach ein paar Monaten gemeinsamen Unterrichts ist: „Es läuft gut.“ Dass die beiden Frauen nicht nur den gleichen Unterrichtsstil haben, sondern sich in den Sparten Musik und Bildende Kunst auch ergänzen, kommt den Kindern zugute.

Partnerschaftlich unterrichten bedeutet allerdings nicht geteilte Arbeit. Im Gegenteil: Permanente Absprachen sind notwendig. Der Zusammenhalt in der neuen Klasse 3 ist stärker geworden: „Sie genießen es, zusammen zu sein, es sind neue Freundschaften entstanden“, hat Broßler beobachtet.

Spannend

Was der Schulhausbrand und seine Folgen mit den beteiligten Menschen gemacht hat, was er an Flexibilität und Kraft von den Lehrern fordert, das beobachtet auch Pfarrer Martin Bulmann, der als Fachlehrer seit acht Jahren Religionsunterricht gibt. „Es ist eine spannende Sache, auf mehreren Ebenen“, sagt der Pfarrer und hat dabei auch die „Entdeckung der Möglichkeit eines gemeinsamen Unterrichts im Blick“.

Auf der anderen Seite sei auch spürbar, wie anstrengend diese Zeit für die Lehrer ist, vor allem für die Einzelkämpfer, das sind die Kolleginnen im Feuerwehrhaus und im Vereinszimmer der Turnhalle. Der Pfarrer selbst hat neben zwei Stunden am Mittwoch vor allem freitags seinen Reisetag. Morgens steigt er um 7.40 Uhr ins Auto und fährt zunächst zu den Viertklässlern nach Schwaigern.

Dort, das ist neu, sitzen auch islamische Kinder im Unterricht: „Das ist ein Gewinn für die Klasse und für die Integration.“ Seine Tour führt ihn weiter zur Klasse 2 ins Vereinszimmer der Turnhalle, zur anderen zweiten Klasse ins Feuerwehrhaus, bis er um 11 Uhr seine letzte Station in der Alten Kelter erreicht - und überall mit einem großen Hallo empfangen wird. Diese Überbrückungszeit lässt sich deshalb aushalten, weil ihr Ende absehbar ist. „Es ist gut, wenn alles vorbei ist. Für die Lehrer ist das sehr anstrengend“, sagt Martin Bulmann. „Wir freuen uns auf unser Schulhaus“, so Nicole Broßler. „Da gibt es viel mehr Spielsachen, und der Pausenhof ist viel größer“, findet die kleine Sophia.

Bild: Die Alte Kelter Feile ist normalerweise kein Ort, wo Kinder unterrichtet, sondern wo Feste gefeiert werden. Dort, am Ortsrand von Stetten, sind für eine Übergangszeit die beiden dritten Klassen untergebracht. Im Bild zu sehen ist Vera. (Foto: Ulrike Kugler)