Die Feuerwehrleute der Weinsberger Kernstadt sind großen Belastungen und Gefahren durch die Platznot am Standort ausgesetzt. Einsatzkräfte können es kaum erwarten, bis sie einen Neubau haben. Architekturbüro macht sich jetzt an die Planung.
Es ist eine gewaltige Investition mit 15 Millionen Euro. Und das ist nur die Kostenschätzung aus dem Jahr 2019. Seit rund 20 Jahren ist die Unterbringung der Feuerwehr-Einsatzabteilung I in Weinsberg, die sich mit dem Baubetriebshof ein Areal in der Leiblingstraße teilt, ein Dauerthema. Jetzt ist Licht am Ende des Tunnels. Ein Architekturbüro ist mit der Planung beauftragt. Es wird sicherlich noch viele Diskussionen im Gemeinderat über Details und Kosten geben. Die Einsatzkräfte können es kaum erwarten. „Ziemlich schnell und zügig“ wünscht sich Gesamtkommandant Andreas Riekher das neue Domizil am anderen Ende der Stadt, verkehrsgünstig gelegen an der Bundesstraße 39 und in Autobahn-Nähe.
Die baulichen Missstände seien nicht mehr tragbar, bestätigt Stadtbaumeister Nicolas Rautenberg. Vorschriften und Arbeitsschutz würden nicht eingehalten. Beim Rundgang zeigt Riekher die Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie Schwachstellen.
Herausforderungen von der Ankunft bis zum Ausrücken
„Wir haben große Herausforderungen an diesem Standort“, spricht der Feuerwehrchef die drangvolle Enge angesichts gewachsener Strukturen an. Die Problematik beginnt bereits nach der Alarmierung. Auf der Behelfsfläche hinter dem Feuerwehrhaus, das von 1975 stammt, passen nur rund 25 Pkw, halb so viel als nötig. „Besser als nichts“, meint Riekher, zumal damit eine Gefahrenquelle beseitigt wurde. Als er vor vier Jahren das Amt übernahm, kam es im Hof noch zu Begegnungsverkehr und Beinaheunfällen zwischen Privatwagen und ausrückenden Fahrzeugen.
Umkleideräume und nutzbare Duschen sucht man vergeblich. Frauen und Männer müssen sich hinter und neben den Fahrzeugen umziehen, und das bei laufenden Motoren und veralteter Absauganlage. In den viel zu schmalen Spinden hängen saubere Zivil- und ausdampfende Einsatzkleidung nebeneinander. „Das ist kein Zustand“, sagt Riekher. „Im Moment funktioniert das, weil wir es tolerieren und akzeptieren.“
Einsatzwagen stehen hintereinander
Das nächste Gefahrenpotenzial in der zu klein gewordenen Fahrzeughalle: Drehleiter und Löschfahrzeuge stehen hinter- und nah beieinander. Von Übersicht keine Spur. „Es ist ein Riesenvorteil, wenn jedes Fahrzeug seine Garage hat“, freut sich Riekher auf das neue Domizil. Im Anbau muss sich der Maschinist zwischen Regal und Dekontaminations-Wagen durchquetschen. Weinsberg hat eine Spezialeinheit für den Katastrophenschutz und einen Gefahrgutzug. Aufgaben für den Landkreis, die im Laufe der Jahre dazugekommen sind. „Und Material mit sich gebracht haben“, macht der Kommandant deutlich.
Auch Lager und Werkstatt sind viel zu klein
Damit ist er beim nächsten Missstand. Die Lagerkapazität der Feuerwehr beschränkt sich auf eine Garage im alten Backsteinbau. Sie gleicht einer aufgeräumten Rumpelkammer, in die kein Handgabelstapler passt. Was für den Einsatz benötigt wird, muss mit Menschenkraft hervorgeholt werden. „Das ist ein Riesendefizit“, beklagt der 33-jährige Feuerwehrchef. Hier wie bei den Spinden gilt: Fehlanzeige bei der Schwarz/Weiß-Trennung, Sauberes und Ungebrauchtes befindet sich neben Kontaminiertem und Gebrauchtem.Der hauptamtliche Gerätewart Patrick Bräuning beschreibt seinen Arbeitsort kurz und knapp als „beengt und bescheiden“. Das trifft auch auf die Werkstatt zu.
Viel zu eng geht es in der Einsatzzentrale zu. Ein dritter einsatztaktisch notwendiger Arbeitsplatz fehlt. Wenigstens ist der Funktisch topmodern, 2017 wurde er mit computergesteuertem Funksystem ausgestattet.
Riekher muss es eigentlich nicht extra betonen. Es wird deutlich, welchen Belastungen die Abteilung an diesem Standort ausgesetzt ist bei durchschnittlich 120 Einsätzen pro Jahr, 60 bis 70 Prozent führen auf die Autobahn. „Trotz dieser baulichen Missstände funktioniert die Feuerwehr Weinsberg“, hebt der Kommandant hervor und vergleicht die Ausrücke- und Eintreffzeiten mit denen einer Berufsfeuerwehr. Weinsberg sei eine der schlagkräftigsten und leistungsfähigsten Wehren im Landkreis. Mit dem Neubau soll die Abteilung wachsen. „Ziel sind 100 Feuerwehrleute“, sagt Riekher.