Wer in Deutschland einen Notfall erleidet, will sich darauf verlassen, dass die Alarmkette vom Anruf in der Leitstelle bis zur Einlieferung ins Krankenhaus funktioniert. „Jedes Teil der Rettungskette muss leistungsfähig sein, und die Abläufe müssen optimal ineinander greifen“, sagte Innenminister Reinhold Gall, als Ende 2015 die neue Fassung des Rettungsdienstgesetzes vom Landtag verabschiedet wurde. Wichtige Neuerungen und deren Umsetzung am Beispiel des Stadt- und Landkreises Heilbronn:
Hilfsfristen: Die Rettungsdienste vor Ort müssen so konzipiert werden, dass die Hilfsfristen auch eingehalten werden. „Im bodengebundenen Rettungsdienst“, so heißt es im Gesetz, „ist bei der Notfallrettung die Zeit vom Eingang der Notfallmeldung bis zum Eintreffen der Hilfe am Notfallort maßgebend.“ Diese Hilfsfrist soll „aus notfallmedizinischen Gründen möglichst nicht mehr als 10, höchstens 15 Minuten betragen“. In 95 Prozent aller Fälle solle diese Frist eingehalten werden.
Das hat in Heilbronn in den vergangenen Jahren nicht funktioniert. Mit rund 90 Prozent (Rettungswagen, RTW) und 88 Prozent (Notarzt) lag die Region 2014 deutlich unter den geforderten Werten. Grund dafür sind vor allem die stark gestiegenen Einsatzzahlen. Rückte der RTW im Jahr 2010 noch 30 000 mal aus, waren es im Jahr 2015 bereits 38 500 Einsätze, der Notarzt wurde 12 000 mal alarmiert, im Vergleich zu 8700 im Jahr 2010.
Deshalb hat der Bereichsausschuss, zusammengesetzt aus Vertretern von Rettungsdiensten und Krankenkassen, die Strukturen von externen Gutachtern überprüfen lassen und im Sommer 2015 mit einer Überarbeitung begonnen. Zwei neue Rettungswachen in Horkheim und Bad Wimpfen sind seitdem entstanden. Fünf neue beziehungsweise umgewidmete RTW und zwei weitere Notarztwagen sind im Einsatz, die teilweise rund um die Uhr, teilweise im Tagdienst abrufbar sind. 30 zusätzliche Rettungskräfte waren vorgesehen, 31 sind nach Auskunft von Rettungsdienstleiter Markus Stahl eingestellt worden. Außer den Hilfsdiensten Deutsches Rotes Kreuz (DRK) und Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) sind nun auch die Johanniter-Unfallhilfe (JUH) und der Malteser Hilfsdienst (MHD) in die Strukturen eingebunden. Weitere Details sind der Karte zu entnehmen. Kostenpunkt für die gesamte Umstrukturierung: bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr. Im zweiten Halbjahr 2016 sollen die neu geschaffenen Strukturen überprüft und bei Bedarf weitere Veränderungen vorgenommen werden, sagt DRK-Geschäftsführer Ludwig Landzettel. „Momentan gehen wir mit großer Wahrscheinlichkeit davon aus, dass wir das 2016 in den Griff bekommen werden.“
Qualifizierung: Die Besetzung der Rettungswagen ist im Rettungsdienstgesetz ebenfalls neu geregelt worden. Bis 2020 können RTW mit einem Notfallsanitäter oder einem Rettungsassistenten besetzt sein, ab 2021 nur noch mit den höher qualifizierten Notfallsanitätern, die auch Aufgaben von Ärzten übernehmen dürfen zum Beispiel Schmerzmittel verabreichen. Man sei dabei, das Personal zu qualifizieren, heißt es dazu.
Aufsicht: Die Rechtsaufsicht der Stadt- und Landkreise ist gestärkt worden. Die Bereichsausschüsse müssen den Kreisen Bericht erstatten. Wenn man dort meint, es läuft nicht ordentlich im Rettungsdienst, sollen die Kreise tätig werden und die erforderlichen Anordnungen treffen.
Ehrenamtliche: Ein Helfer-vor-Ort-System ist im Gesetz verankert, in dem qualifizierten Ehrenamtlichen etwa bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand größere Bedeutung zukommt. Die Experten vom DRK loben es. Der RTW sei im Schnitt in zehn Minuten vor Ort, der Ehrenamtliche schon in fünf. „Das hilft“, sagt Landzettel. Gerade in abgelegenen Kommunen auf dem Land. Besonders bei Reanimationen sei Zeit enorm wertvoll.