Schaden in Höhe von zwölf Millionen Euro. 200 Feuerwehrleute, 48 Feuerwehrfahrzeuge im Einsatz, 15 000 Liter Löschwasser pro Minute: Das ist die Bilanz des Großbrandes im Heilbronner Industriegebiet am 1. Dezember. Warum es immer noch Hallen ohne Sprinkleranlage oder Brandmelder gibt, erfragte Katja Feiler beim Kommandanten der Heilbronner Feuerwehr, Eberhard Jochim.
Können Sie sich an einen Brand dieser Größenordnung in Heilbronn erinnern?
Eberhard Jochim: Nein. Vergleichbar ist höchstens das Feuer im Rangierbahnhof in Heilbronn-Böckingen im Februar 2001. Allerdings war damals die Gefahr nicht so groß, dass die Flammen auf andere Gebäude übergreifen.
Die Halle im Industriegebiet hatte weder Sprinkleranlage noch Brandmelder: In unserer Berichterstattung sagt der Geschäftsführer des Unternehmens, das sei in 90 Prozent der Hallen in Heilbronn so. Sitzen wir also auf einem Pulverfass?
Jochim: Nein. Es kommt darauf an, wie man den Begriff Halle definiert. Wenn man jeden Schuppen als Halle bezeichnet, ist es sicher so. Auch in Turnhallen haben wir im Regelfall keine automatischen Feuermeldeanlagen. Hallen bis zu einer Größe von 1600 Quadratmetern können in den meisten Fällen ohne Frühwarnanlagen oder dergleichen erstellt werden. Dies ist abhängig von der Nutzung des Gebäudes oder dem Material, das dort gelagert oder produziert wird.
Und das, wo doch in Deutschland alles sonst geregelt ist...
Jochim: So ist die Rechtslage. Und Hallen, die gebaut wurden, bevor in den 60er Jahren die ersten Brandschutzbestimmungen erlassen wurden, haben Bestandsschutz, solange keine Nutzungsänderung beantragt wird. Sie müssen also nicht nachgerüstet werden. Moderne Bauten oder alte, die umgebaut werden, müssen ab einer Größe von 1600 Quadratmetern dagegen Anforderungen erfüllen: Die Halle in Abschnitte unterteilen, Brandschutzwände einziehen und Türen einsetzen, Frühwarn- oder Sprinkleranlagen einbauen.
Das heißt, keiner kümmert sich darum, wie es in alten Hallen aussieht?
Jochim: Das stimmt so selbstverständlich nicht ganz. Natürlich führt die Feuerwehr alle fünf Jahre Brandverhütungsschauen in Hallen ab einer Fläche von 1000 Quadrametern durch.
Was schätzen Sie, in wie vielen Hallen in Heilbronn sich gar keine Brandschutzvorkehrungen zu finden?
Jochim: Dazu gibt es keine Zahlen, aber ich vermute, es handelt sich um fünf bis zehn Prozent der Hallen.
Und wer kontrolliert, ob das, was bei Brandschutzschauen angemahnt wird, auch umgesetzt wird?
Jochim: Wir kommen nur bei gravierenden Mängeln zur Nachkontrolle. Es ist ja auch im eigenen Interesse der Firmen, dass sie das, was wir anmahnen, auch umsetzen. Sonst bezahlt die Versicherung im Schadensfall vielleicht nicht.
In der Halle, die beim Brand am 1. Dezember in Flammen aufging, lag vor allem Fiat-Prospekt-Material. Es bestand die Gefahr, dass auch in der Nähe liegende Reinigungsmittel Feuer fangen. Dürfen Chemikalien so nahe an Papier aufbewahrt werden?
Jochim: Das war ordnungsgemäß. Es war eine Mauer dazwischen.
Die Einsatzkräfte haben den Brand mit Hilfe von 15 000 Liter Wasser pro Minute unter Kontrolle bekommen und dafür sogar den Neckar angezapft. Warum war das nötig?
Jochim: Weil der Durchmesser unserer Wasserleitungen nicht für Wassermengen, die bei solchen Extremfeuern notwendig werden, ausgelegt ist. Auch aus wasserhygienischen Gründen sind überdimensionierte Rohre, die wir in solchen Situationen bräuchten, nicht möglich. Deshalb haben wir Schläuche zum Neckar gelegt.
Glück im Unglück, dass der Neckar nur rund 300 Meter entfernt war. Und wenn der Fluss zu weit weg ist, um zu helfen? Hat das Feuer dann leichtes Spiel?
Jochim: Nein. Dann behelfen wir uns mit Fahrzeugen, die uns zusätzliches Wasser liefern, beziehungsweise greifen auf weiter entfernte Hydranten zurück. Aber das braucht dann natürlich mehr Zeit.