Der irakische Flüchtling Srod Mohammed hat einen Brand in einem Asylheim in Heilbronn-Böckingen nur knapp überlebt. Einsatzkräfte retteten ihn im letzten Moment.
An die ersten Tage nach dem Feuer kann sich Srod Mohammed nicht erinnern. „Ich weiß nicht mehr, was passiert ist“, sagt er. Der 26-jährige Asylbewerber aus dem Irak lag im Heilbronner Krankenhaus am Gesundbrunnen im Koma. Unter anderem erlitt er eine schwere Rauchgasvergiftung – doch er kam wieder auf die Beine. Und bedankt sich nun bei den Einsatzkräften der Feuerwehr.
Denn sie waren es, die Mohammed das Leben gerettet hatten. Auf der Instagram-Seite der Feuerwehr Heilbronn schickt er Herzchen und eine rote Rose. „Vielen Dank“, schreibt er. „Der Feuerwehrmann hat mir das Leben gerettet.“ Damit meint Mohammed den Drehleiter-Maschinisten, zu dem er in den Korb gesprungen ist. „Wir hoffen, dass es Ihnen wieder soweit gut geht“, kam als Antwort zurück, „und wünschen Ihnen alles Gute für das neue Jahr.“
Es geschah in der Nacht auf Dienstag, 17. Dezember. Gegen 2.20 Uhr wurde der Feuerwehr ein Brand in der vierstöckigen Flüchtlingsunterkunft in der Neckargartacher Straße in Böckingen gemeldet. „Beim Eintreffen an der Einsatzstelle hing ein Bewohner bereits an der Fensterbrüstung und schrie um Hilfe“, hieß es im Nachbericht der Feuerwehr.
Es handelte es sich um Srod Mohammed, in dessen Zimmer in einem Obergeschoss der Brand ausbrach. Durch den schnellen Einsatz der Drehleiter habe er im letzten Moment gerettet und in eine Klinik eingeliefert werden können, teilte die Feuerwehr mit.
Mohammed schildert in gebrochenem Deutsch, er sei in jener Nacht durch das Piepsen der Rauchmelder geweckt worden. Dann erst habe er bemerkt, dass seine Füße ganz heiß seien und ein Ohr. Weil er so schlecht schlafen könne, nehme er starke Schlaftabletten, erklärt Mohammed. Ohne die Rauchmelder wäre er vermutlich nicht wach geworden, meint er. Warum das Feuer ausbrach, wisse er nicht. Auch nach Angaben der Polizei ist die Ursache noch unklar, ein Gutachten ist in Arbeit.
Er habe versucht, von seinem Zimmer in den Gang zu kommen, berichtet Mohammed. Doch die Tür sei nicht aufgegangen. Er flüchtete auf die Fensterbrüstung – in der Hoffnung, der Zimmernachbar lasse ihn durch sein Fenster rein. Doch niemand habe geöffnet. Dann nahte die rettende Drehleiter.
„In diesem Fall war es wirklich knapp“, sagt Jürgen Vogt, Sprecher der Heilbronner Berufsfeuerwehr. Der Mann habe schon heiße Finger gehabt. Der Drehleiter-Maschinist habe intuitiv gehandelt – üblicherweise fährt man mit der Drehleiter von oben nach unten, um Menschen aufzusammeln. Doch die Situation sei akut gewesen. Der Maschinist habe die Brisanz erkannt. Beim Sprung in den Korb sei die Drehleiter gegen die Wand des Asylheims geknallt – aber ein Leben war gerettet. „Manchmal ist es gut, keinen Theoretiker in der Drehleiter zu haben“, sagt Vogt.
Dass sich Gerettete bei der Feuerwehr melden, sei eher die Ausnahme, so Vogt. Natürlich freuten sich die Einsatzkräfte über ein Dankeschön. Aber letztlich „machen wir halt unseren Job“. Seine Erfahrung sei, dass Überlebende von schlimmen Bränden oder Unfällen eher Abstand vom Geschehen bräuchten, und sich vielleicht auch deshalb nicht bei den Einsatzkräften meldeten. Immer wieder fragten sich auch Einsatzkräfte, wie es Opfern ginge. Doch aufgrund von datenschutzrechtlichen Bestimmungen bekomme man kaum etwas mit.
Er habe noch Tage nach dem Krankenhausaufenthalt Blut gespuckt, schildert Srod Mohammed. Die Rauchgasvergiftung sei schwer gewesen. Auch kleinere Brandwunden hatte er erlitten. Die Ärzte hätten ihm gesagt, er habe großes Glück gehabt. Inzwischen gehe es ihm wieder besser.
2015 sei er bereits nach Deutschland gekommen, aus der Stadt Zaxo in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak. Er zeigt Fotos auf dem Handy, die ihn mit einer schweren Schussverletzung in einem Krankenhaus im Irak zeigen. Von jahrzehntelangen Konflikten zwischen Familien berichtet er, weshalb er auch geflohen sei.
Er sei dankbar für die Hilfe, die er in Deutschland erfahren habe, so Mohammed. Ein solches Feuerwehraufgebot sei im Irak unvorstellbar, ebenso die Versorgung im Krankenhaus. Mohammed klingt immer wieder pessimistisch im Gespräch. Aber jetzt, wo ihm das Leben gerettet wurde, hoffe er nochmal auf eine Chance. Er wolle bald über eine Leihfirma als Lagerist anfangen, um sein eigenes Geld zu verdienen.