Blaulichter blitzen, Pumpen rattern, Feuerwehrmänner hasten durch die Nacht, und zahllose Feuerwehrschläuche schlängeln sich durch die Straßen in Wieslensdorf. Immer wieder knallen Ziegel vom Dach des brennenden Wohnhauses im Eisenbahnweg auf die Straße. Die Scheune des Anwesens ist bereits bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Geschätzter Schaden: über 200.000 Euro. 25 Hühner sterben.
Schutz der Nachbarn Ein Blitzschlag hat gegen 1.30 Uhr die Scheune in Brand gesteckt. „Wir sind gegen 1.38 Uhr eingetroffen“, sagt Reiner Frisch von der Einsatzleitung. „Ist das eine Gewalt, wenn ein ganzes Haus brennt“, schaut Nachbar Andreas Paulin fassungslos. Die Wehren errichten Riegelstellungen, um Nachbargebäude zu schützen. Immer wieder lösen sich die zehn Atemschutzträgertrupps ab. Als ein Feuerwehrmann durch die Decke bricht, retten ihn seine Kameraden. Laut Kreisbrandmeister Uwe Vogel ist er leicht verletzt.
„Wir sind mit rund 60 Mann und fast allen Fahrzeugen im Einsatz“, berichtet Reiner Frisch von der Einsatzleitung. Die Heilbronner Berufsfeuerwehr ist mit einem Tankwagen und die Feuerwehr Weinsberg mit einem Schlauchwagen zu Hilfe geeilt. Obwohl zwei Traktoren mit Spritzfässern für den Wassernachschub zwischen Eschenau und Wieslensdorf pendeln, ertönt der Ruf: „Das Wasser ist alle“. Grund: „Wir entziehen den Hydranten mehr Wasser als nachläuft“, erklärt Obersulms designierter Kommandant Michael Schepperle.
Erschöpfung Am Tag danach: Heiner Stutz ist die Erschöpfung im Gesicht abzulesen. Dem 64-Jährigen gehört das Haus, in dem er mit seiner gleichaltrigen Frau bis gestern lebte. Übergangsweise wohnte auch Sohn Martin mit seiner Familie in dem Haus, bis der benachbarte Neubau bezugsfertig ist. In einer Nacht hat die Familie einen Großteil ihres Besitzes verloren. „Da ist nichts mehr zu retten“, meint Heiner Stutz. Immer wieder blickt er auf die Dachreste des Wohngebäudes. Rauchschaden weisen auf Glutnester hin. Diese rufen kurz vor 12 Uhr noch einmal die Obersulmer Feuerwehr auf den Plan. Mit der Drehleiter gehen die Aktiven gegen die gefährlichen Nester vor.
Martin Stutz hat heute Geburtstag. Seinen 38. Und jetzt das. Dazu kommt, dass seine Frau wegen eines Unfalls noch immer im Krankenhaus liegt. „Irgendwann reicht es.“ Trotzdem sagt er auch: „Das Wichtigste ist, dass bei dem Brand niemand verletzt worden ist.“ Ärgerlich sei, dass das Wohnhaus im vergangenen Jahr grundlegend renoviert worden sei: neues Bad, neue Böden, neue Küche. Seine beiden Kinder hätten fast ihr gesamtes Spielzeug verloren. Für Vier- und Sechsjährige ein harter Schlag. Bruder Markus Stutz hatte in der Scheune ein Motorrad untergestellt. Er zeigt auf ein demoliertes Stück Metall: Nur der Tank sei übrig geblieben. Der Zusammenhalt in Wieslensdorf stimmt. Viele wollen helfen, zum Beispiel mit Kleidern. „Uns wurden mehrere Wohnungen und ein Wohnmobil angeboten“, sagt Heiner Stutz. Mit 64 Jahren noch einmal bauen? Keine rosigen Aussichten. „Wir haben gedacht, das Haus hält uns noch aus.“
Bild 1: Seit 150 Jahren steht das Haus in der Wieslensdorfer Eisenbahnstraße. Ein Blitzschlag reichte aus, um diese Geschichte zu beenden. Bild 2: Glutnester: Die Feuerwehr rückte erneut an. Bild 3: Das Feuer breitete sich rasch aus. Die Flammen schlugen meterhoch aus Scheune und Wohnhaus und erhitzten die Luft in der gesamten Umgebung.