Schwindelig? Kopfschmerzen? Schlecht? Jan Hullen fragt im Stakkato mögliche Beschwerden ab. Benedikt Schepperle nickt. "Ich habe einen Schock und verbrannte Arme", präzisiert das Mitglied der Jugendfeuerwehr. Dabei ist Benedikt putzmunter. Genauso wie die anderen Kinder und Erwachsenen auf den Tragen, die von Sanitätern und Ersthelfern der DRK-Ortsgruppe versorgt werden. Sie mimen die Verletzten bei der Hauptübung der Freiwilligen Feuerwehr Obersulm. Der "Einsatzort": die Firma CD Cartondruck.
Premiere für die örtliche Feuerwehr: "Heute wird das erste Mal digital alarmiert", sagt Gesamtkommandant Michael Schepperle, der um 19.35 Uhr Christian Gruber im Einsatzleitwagen das Start-Kommando gibt. Schon heult die Alarmanlage in der Firma auf. Die Arbeiter der zweiten Schicht eilen nach draußen zu den Sammelstellen, wo sie von ihren Sicherheitsbeauftragten abgezählt werden. "Gut zu wissen, dass es bei uns funktioniert", stellt Steffen Schnizer, Vorstand für den Vertrieb, zufrieden fest. "Ich war schon ein bisschen schockiert", sagt Sercan Irhan, der wie alle Schichtarbeiter nichts von der Aktion gewusst hat. "Solche Übungen sind sehr wichtig. Man muss sehen, wie schnell es geht", meint der Mann aus der Stanzerei.
Sicherheit Aus diesem Grund begrüßt es Schnizer, dass in diesem Jahr sein Unternehmen Übungsobjekt ist, obwohl es intern regelmäßig Schulungen gibt, und die Einsatzkräfte immer wieder zu Begehungen in die Firma kommen. "Wir sind froh, dass die Mitarbeiter sehr gut mitmachen. Das zeigt uns, dass Sicherheit und Arbeitsschutz sehr ernst genommen werden", so der Vorstand, der mit seinem Bruder Marc die Firma leitet.
Mit einem Martinshorn-Konzert rauschen zehn Fahrzeuge aus den fünf Abteilungen der Gemeinde an. Um 19.41 Uhr ist das Sülzbacher Fahrzeug als erstes in der Senefelderstraße in Willsbach. Michael Schepperle verteilt unter den Augen von Bürgermeister Harry Murso mehr als 60 Kräfte auf die fünf Abschnitte. Das Gelände ist weitläufig, hier können verschiedene Aufgaben trainiert werden.
Die Drehleiter fährt zum ersten Stock in den Bürotrakt aus, holt eingeschlossene Mitarbeiter, die am Fenster stehen, herunter. Unter den Containern im Hof müssen die Männer schwer schuften, Holzpaletten beseitigen, um eine eingeklemmte Puppe zu befreien. Unter Druckluft bläst sich das Hebekissen auf. "Ich wollte, dass wir damit mehr Routine bekommen", erklärt Schepperle diese Aufgabenstellung.
Aus dem Presssilo dringt dichter Qualm. Atemschutzträger holen drei "Verletzte" heraus. Die Eschenauer Abteilung zapft währenddessen die Sulm an, verlegt eine 220 Meter lange Schlauchleitung. Stockdunkel ist"s im Keller des Materiallagers. Schaurig-gruselig für den Laien. "Früher sind wir wortwörtlich im Dunkeln getappt", ist Matthias Maier froh über die neue Wärmebildkamera. "Man tastet sich sonst auf den Knien mit den Händen vor", findet auch Florian Bayer das Suchgerät "klasse", dessen Bedienung er an diesem Abend übt.
Manöverkritik"Wasser halt, zum Abmarsch fertig", verkündet Schepperle um 20.21 Uhr. Alle Aufgaben sind bewältigt − zur Zufriedenheit des Einsatzleiters. "Es waren Kleinigkeiten", fasst er bei der Manöverkritik vor versammelter Mannschaft, der Cartondruck ein Vesper spendiert, zusammen. Die Wärmebildkamera war "dummerweise" im Gerätehaus vergessen worden. Und Schepperle wünscht sich mehr Ordnung im Funkverkehr.
Bild 1: Langsam rückwärts Stufe für Stufe herunter auf den sicheren Boden: Mit der Drehleiter werden Eingeschlossene aus dem Bürotrakt geholt.Fotos: Dittmar Dirks
Bild 2: Die Wärmebildkamera ist das Auge im stockdunklen Keller.
Bild 3: Wie ist der Blutdruck? Das DRK übernimmt die Erstversorgung.