Ein Ort zwischen Schockstarre und Erleichterung: Nach einer Serie von ungeklärten Bränden verbreitet sich die Nachricht in Untergriesheim an Christi Himmelfahrt rasch. Die Polizei hat einen mutmaßlichen Tatverdächtigen für die Brandstiftungen verhaftet, einen 21-jährigen Feuerwehrmann, der aus dem Ort kommt.
"Ich kenne ihn, ich kann es noch nicht richtig glauben", sagt ein 43-jähriger Bürger, dessen Scheune gleich zwei Mal in Flammen stand. "Wenn er es war, dann ist es vorbei, dann muss man sich nicht mehr Gedanken machen, ob alles verschlossen ist", beschreibt ein 42-Jähriger seine Gefühle. Auch er kennt den Feuerwehrmann, der nach einem Geständnis im Gefängnis sitzt. "Die Eltern tun mir leid."
Ausgerechnet ein Feuerwehrmann. Bad Friedrichshalls Kommandant Kurt Semen ist die Niedergeschlagenheit am Telefon anzumerken. "Peinlich" nennt er das Geschehen, und dass man lange gehofft habe, dass es keiner aus den eigenen Reihen ist. Jetzt scheint es Gewissheit zu werden, ein Fall, den Semen in 28 Jahren als Feuerwehrchef noch nicht erlebt hat. Ob keinerlei Verdacht beim gemeinsamen Feuerlöschen aufgekommen sei? "Man kann es nie ausschließen", sagt Semen, und dass die Feuerwehr jetzt sicher Gespräche führen werde, "wie es weitergeht".
Die Nachricht hat auch Bürgermeister Peter Dolderer schockiert. Für ihn ist es "kaum zu begreifen", dass ein netter, unauffälliger, pflichtbewusster junger Mann solche Taten begangen haben soll. Seit Jugendzeiten sei der 21-Jährige bei der Feuerwehr. Auf der anderen Seite sieht Dolderer den ganzen Ort, den der Täter durch die nächtlichen Zündeleien in Angst und Schrecken versetzte. Sollte sich der Verdacht bestätigten, wäre es für die Bevölkerung "eine Erleichterung".
Im Januar war ein 26-Jähriger als erster Tatverdächtiger verhaftet worden, der nachts aus Ärger über seine Eltern ein Gartenhaus im heimischen Garten angezündet hatte. Er galt auch als Tatverdächtiger für die anderen Brände. Jetzt ist er wieder zu Hause, nach vier Monaten entlassen aus der Haft. "Es geht hier um die Wahrheit, und dass derjenige bestraft wird, der es war", sagt eine 56-jährige Nachbarin. Sie ist froh, dass der "gutmütige Junge" nun entlastet sei, und wünscht sich, "dass wieder Ruhe einkehrt und dieses Misstrauen weg ist".
Die Mutter des 26-Jährigen will keinen Kommentar abgeben. Nur so viel: "Wir sind erleichtert." Was sie darüber denkt, dass ihr Sohn offenbar auch für die Taten eines anderen im Gefängnis war? "Ich will niemanden beschuldigen", sagt sie. Weil sie gesehen habe, "wie schnell man in Teufels Küche kommen kann".
Auffälliges Merkmal der Brände in Untergriesheim: Sie brachen alle nachts oder am frühen Morgen aus. Ende 2009 brannte ein Papiercontainer, kurz vor Weihnachten ein Sofa im Unterstand des Kindergartens, Anfang Januar das Lager einer Baufirma, kurz danach eine direkt an ein Wohnhaus grenzende Scheune. Als Tage später ein Gartenhaus in einem Privatgarten brannte, wurde der 26-Jährige verhaftet. Drei Monate passierte nichts. Anfang April brannte dieselbe Scheune wie im Januar erneut, Anfang Mai standen 50 Strohballen in Flammen.